Interview mit Werner Vogt: "Was ist gute Kommunikation?"

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Gute Kommunikation ist…

…wahr, gradlinig und spannend erzählt. Meistens hilft auch eine dosierte Portion Humor. Das gilt für die Kürzestform (etwa beim elevator speech, notabene 3 und nicht 30 Stockwerke), für das Telefongespräch, das 30-Sekunden-Statement vor der Kamera bis hin zum 200-Seiten-Sachbuch. Entscheidend ist in allen Fällen auch die Persönlichkeit des Erzählers, seine Professionalität, aber noch viel mehr sein inneres Feuer.

Das tönt plausibel. Nun ist aber, um bei den Hauptpersonen Ihrer Bücher zu beginnen, nicht jeder als Winston Churchill oder Doris Leuthard geboren?

Wohlverstanden auch diese beiden nicht. Niemand wird als Premierminister geboren, schon gar nicht als einer, der Europa rettete, und niemandem wird das Bundesratsamt in die Wiege gelegt. Beginnen wir bei Churchill: der kleine Winston war ein so schlechter Schüler, dass er nicht studieren durfte. Die Eintrittsprüfung in die Offiziersschule von Sandhurst schaffte er im dritten Anlauf. Ein Rednertalent hatte er auch nicht: er nuschelte und lispelte leicht und als junger Parlamentarier geriet er auch mal ins Stottern. Es war eiserner Wille und Disziplin über Jahrzehnte sowie harte Arbeit, die ihn zu einem der besten Redner der Weltgeschichte machte. Und somit zum brillanten Kommunikator.

"Ein gutes Herz und positive Emotionen können Berge versetzen."

Genauso bei Doris Leuthard. Auch ihr wurde nichts in die Wiege gelegt mit Ausnahme vielleicht vom Interesse an der Politik (ihr Vater war Grossrat=Kantonsrat). Auch sie erreichte im Leben alles, was sie erreicht hat mit riesigem Einsatz und einem Kommunikationstalent, das ausserordentlich ist. Sie brauchte keine 7 Jahre vom Frischling im Nationalrat zur Bundesrätin. Und in ihren zwölfeinhalb Jahren im Bundeshaus gewann sie 16 von 18 Abstimmungskämpfen. Dahinter steckt eine enorme Feinarbeit. Sie lud ohne weiteres ein gutes Dutzend Leute aller Parteien zu einem selbst zubereiteten Abendessen in ihrer Berner Wohnung ein, um diese für eine Sache zu gewinnen. Politik ist Beharrlichkeit. Und ganz nebenbei gesagt, schaffte sie es, zur beliebtesten Bundesrätin aufzusteigen, bzw. in die Liga von Dölf Ogi und Willi Ritschard vorzustossen.

Das ist ja gut und schön, aber nicht jeder ist eine Jahrhundertfigur oder eine Jahrzehntfigur und insofern wohl auch nicht geeignet für eine Biografie oder Autobiografie?

Doch, doch: Jedes Leben ist ein Unikat wie unser Fingerabdruck oder unsere Iris. Geben Sie mir irgendeine Person, die nötige Zeit für Gespräche mit ihr und für weitere Recherchen und ich schreibe Ihnen eine spannende Geschichte für die Zeitung oder ein Buch. Das Problem ist doch vielfach die Schüchternheit oder die falsch verstandene Zurückhaltung. Gerade wir Schweizer wollen uns oft nicht wichtigmachen, sogar im Fall von Figuren, die einen überragenden Leistungsausweis haben. Wenn jemand ein KMU gründet und über Jahrzehnte erfolgreich führt, dann ist dies allweil ein Buch wert.

Sicher haben Sie ein Beispiel?

So viele Sie wollen: Nehmen wir zwei Olympiasieger von Sapporo (1972): Marie-Theres Nadig und Bernhard Russi: „Maite“ Nadig kam – sah – und verschwand. Ganz einfach, weil der Doppel-Olympiasiegerin der Rummel um ihre Person nicht gefiel. Bernhard Russi ist seit seinem Abfahrtssieg in Japan vor bald 50 Jahren eine öffentliche Person mit grossem Erfolg in dem, was er tut. Er hat seinen frühen Erfolg als Sportler brillant in sein weiteres Berufsleben mitgenommen. Aber auch er sperrte sich gegen ein Biografieprojekt bzw. machte erst im allerletzten Moment mit.

"Gute Kommunikation ist wahr, gradlinig und spannend erzählt."

Haben Sie denn kein Verständnis dafür, dass diese Berühmtheiten ihre Privatsphäre schützen wollen?

Doch natürlich. Journalismus kann gnadenlos sein. Schauen Sie, was die englische Boulevardpresse mit Diana Princess of Wales gemacht hat. Zugegeben, ist Lady Di ein extremes Beispiel von übelsten Auswüchsen und Missbrauch der Pressefreiheit. Ich bin froh, dass es bei uns noch gewisse Grenzen des Anstands gibt, die meistens (und Ausnahmen kenne ich auch ein paar) respektiert werden. Genauso gilt aber: wer in der Politik, in der Wirtschaft, im Sport, in der Kultur oder im Showbusiness berühmt wird, der kann nirgendwohin gehen, ohne erkannt zu werden. Und gerade weil dies so ist, sollten diese öffentlichen Personen ihre Geschichte erzählen, gegenüber der Presse, aber auch gegenüber einem Buchautor. Doris Leuthard kann nur im Ausland ungestört, weil unerkannt, Ferien verbringen. Da gibt es doch die schöne Geschichte, als sie einmal in Thailand ein paar Tage ausspannte. Beim Auschecken wünsche der Hoteldirektor der damaligen Bundespräsidentin eine gute Heimreise. Sie sagte dann ganz beiläufig, dass sie noch den König besuchen gehe, was der Hoteldirektor für einen Witz hielt – aber nur bis zum nächsten Morgen. Dann war ein Bild von den Beiden auf der Frontseite der Zeitung. Roger Federer hingegen kennt weltweit jeder, der je einen Tennismatch gesehen hat. – Der Preis der Brillanz und Berühmtheit.

Wie wird man ein guter Kommunikator? Nicht jeder hat die Stäbe von Helfern wie sie Premierminister Churchill und Bundesrätin Leuthard hatten.

Die beiden genannten wurden nicht in diese Ämter gewählt, weil sie ein Heer von Helfern hatten, sondern weil sie ein kommunikatives Talent hatten bzw. haben und dies konsequent weiterentwickelten. Vor allem hatten oder haben beide – und ich fürchte mich nicht vor dem Pathos – ein grosses und ein gutes Herz. Positive Emotionen können Berge versetzen.

Noch konkreter: Wie macht man aus einem durchschnittlichen Kommunikator einen guten Kommunikator? Und wie können Sie helfen?

Auch hier gilt: Übung macht den Meister. Auftritte vor Publikum oder vor der Kamera kann man üben mit einer guten Vorbereitung der Botschaften und Trockenübungen vor der Kamera, die man dann im Detail anschauen und optimieren kann. Zentral ist der Wille des Trainees zum Erfolg und die Freude über jeden Fortschritt. Sehr wichtig ist der Mut von Entscheidungsträgern zum Delegieren: Wieso soll sich der Verwaltungsratspräsident oder CEO selber abmühen mit der Verfassung einer Rede, wenn dies ein Profi im Redenschreiben für ihn tun kann. Matchentscheidend ist die Tatsache, dass sich Führungskräfte im Umgang mit der Presse unterstützen lassen. Hier und gerade in Krisensituationen kann unprofessionelles Verhalten gravierende Folgen haben. Auftrittstraining, Ghostwriting und eine professionelle Medienarbeit sind drei meiner Dienstleistungen, die ich seit Jahren mit Erfolg und Leidenschaft anbiete. Als Pressesprecher bin ich Türöffner auf den Redaktionen und Feuerwehrmann.

Haben Sie ein Beispiel für die perfekte Kommunikation, z.B. in einer Rede?

Sicher: Al Pacinos Motivationsrede als American Football Coach im Film Any Given Sunday (An jedem verdammten Sonntag): In vier Minuten macht er aus einer Truppe von niedergeschlagenen Abstiegskandidaten ein Team von Testosteronbombern, die bereit sind, alles zu geben für die Rückkehr auf den Erfolgspfad – genial!

[ Werner Vogt, Dr. phil., Exec. MBA HSG, ist Buchautor und Inhaber der Werner Vogt Communications AG (www.wevcom.ch). Zuvor war er Journalist (u.a. NZZ-Auslandredaktor und Südafrika-Korrespondent) sowie Pressechef der Schweizer Börse/SIX. Der Historiker und Churchill-Spezialist publizierte mehrere Sachbücher über Themen aus Geschichte, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, zuletzt die vielbeachteten Sachbücher Winston Churchill und die Schweiz (NZZ Libro, 2015), SWISS – die Airline der Schweiz (NZZ Libro, 2018) sowie den Bestseller Doris Leuthard. Die Staatsfrau mit Charme und Charisma (Weltbild, 2018).]

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