Interview mit Thomas Gelmi: "Gutes Coaching ist..."

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Gutes Coaching ist ...

... zielgerichtet, zeitlich befristet und nachhaltig wirksam. Es ermöglicht den Klienten, ihr eigenes, noch ungenutztes Potenzial zugänglich zu machen und zu nutzen. Immer davon ausgehend, dass er oder sie in der Lage ist, eigene Antworten auf Problemstellungen und Herausforderungen zu finden. Coaching ist ein Gespräch zwischen zwei Experten: Der Klient ist Experte betreffend der Inhalte und seiner Situation, die er mit allen Facetten kennt. Der Coach ist Experte für den Prozess und die Anwendung der entsprechenden Methoden. Er leitet den Klienten durch zielführende Gespräche hin zu eigenen Antworten und Lösungen. Coaching erreicht die angestrebte Zielsetzung über kleine, effektive Schritte innerhalb des Einflussbereiches des Klienten. Kurz gesagt: Coaching ist Hilfe zur Selbsthilfe und wirkt als wichtiger Katalysator für die eigene Entwicklung.

Aber wäre es nicht einfacher, Ratschläge zu geben? Das würde doch viel Zeit und Aufwand ersparen.

Ja, man würde Zeit und Aufwand sparen, wenn man jemandem direkt Ratschläge geben und Antworten oder Lösungen servieren würde. Das ist gerade für Führungskräfte, die im Rahmen agiler Führung auch Coaching-Methoden anwenden wollen, oft eine grosse Versuchung und gleichzeitig eine grosse Herausforderung: eben nicht direkt die Antwort oder Lösung auf den Tisch zu legen, sondern diese zurückzuhalten und die Mitarbeitenden dabei zu unterstützen, selbst zu einer Lösung zu kommen. Es ist ein grosser Unterschied, ob ein Mitarbeiter mit der Lösung des Vorgesetzten aus dessen Büro kommt oder mit der eigenen Lösung, auf die er oder sie selbst gekommen ist. Das hat direkte Auswirkungen auf Engagement, Motivation, Stolz und weiterführend auch auf die Entwicklung der Mitarbeiter. Kurz: Wenn wir direkt Antworten und Lösungen geben, sparen wir zwar Zeit und Aufwand, vergeben aber das Potenzial für Entwicklung, mehr Engagement usw. Im Gegenzug bedeutet das aber auch: Wenn schnelle Lösungen oder Antworten nötig sind, dann ist Coaching nicht der richtige Ansatz – alles hat seine Zeit, auch Coaching.

„Was wir am nötigsten brauchen, ist jemand, der uns dazu bringt zu tun, wozu wir in der Lage sind“ Ralph Waldo Emerson

Sie geben als Coach also überhaupt niemals einen Rat?

Es kommt vor, dass aus dem Coaching-Gespräch heraus klar wird, dass ich über eine Expertise verfüge, die der Klient nicht hat und die ihm fehlt, um selbst auf Lösungen zu kommen. Dann gebe ich durchaus hilfreiche Impulse aus dem Bereich meiner Spezialisierung, also der Selbst- und Beziehungskompetenz in Führung, Zusammenarbeit und Kundenkontakt. Wenn ich solche Impulse gebe, wechsle ich aber bewusst die Rolle – ich bin in dem Moment nicht mehr Coach, sondern Experte oder Trainer. Sobald ich den Impuls gegeben habe, wechsle ich wieder in den Coaching-Modus und das Gespräch geht weiter, zum Beispiel mit der Frage: „Was bedeutet das jetzt für Sie konkret in der Anwendung?“

Gibt es auch Klienten, die coachingresistent sind?

Ja, die gibt es. Das sind in der Regel Menschen, die zum Beispiel ins Coaching geschickt werden und es nicht aus eigenem Antrieb wollen. Aus diesem Grund haben sie wenig Problembewusstsein und Veränderungsbereitschaft. Dann wird es schwierig, denn erfolgreiches Coaching beruht auf Freiwilligkeit und braucht Grundvoraussetzungen wie z. B. eine gewisse Bescheidenheit – das Bewusstsein, dass man vielleicht doch den einen oder anderen blinden Fleck in der Selbstwahrnehmung hat. Zudem braucht es Mut, sich Veränderungen zu stellen und Disziplin, diese auch wirklich aktiv zu gehen.

Was würden Sie jemandem sagen, der behauptet, er braucht für sich und seine Organisation kein Coaching?

Dem würde ich sagen, dass viele erfolgreiche Menschen – allen voran Führungskräfte – natürlich zu Recht davon überzeugt sind, dass sie aufgrund ihrer bisherigen Verhaltensweisen erfolgreich sind. Dabei ist ihnen oft zu wenig bewusst, dass sie trotz gewisser Verhaltensweisen erfolgreich sind – blinde Flecken, die einem selbst nicht bewusst sind, die aber eine Wirkung haben. Der tote Winkel im Aussenrückspiegel sozusagen. Solange mir aber keiner sagt, was an meinem Verhalten z. B. das Team demotiviert, kann ich auch nichts daran ändern. Wir können uns nur bis zu einem gewissen Punkt durch Selbstreflexion weiterentwickeln, nämlich genau bis zu unseren blinden Flecken. Danach brauchen wir Support und Rückmeldung von aussen – der Totwinkel-Assistent quasi, der einen auf gewisse Dinge aufmerksam macht. Coaching kann hier wertvolle Erkenntnisse liefern und erfolgreiche Menschen noch erfolgreicher machen, indem diese blinden Flecken reduziert werden. Entsprechend arbeiten die meisten Top-Performer mit einem Coach, so auch Bill Gates oder der ehemalige CEO von Google, Eric Schmidt, der schon sagte: „Jeder braucht einen Coach.“

Thomas Gelmi ist Autor, Speaker, Executive Coach und Sparringspartner für mehr Wirkung in Führung, Zusammenarbeit und Kundenkontakt. Nach einer vielfältigen Karriere begleitet er nun seit mehr als 15 Jahren international Menschen und Organisationen in deren Entwicklung. Zu seinen Kunden gehören Unternehmen wie Roche, Siemens, Emmi, SRF, Swiss Re, Credit Suisse, sowie diverse KMUs. Mehr unter www.thomasgelmi.com

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